Schon letztes Jahr flog ich mit der ASH26e von Konz-Könen zur Burg Feuerstein, doch der Flug dorthin über den Pfälzerwald, die Rheinebene und den Odenwald lief wesentlich besser, als alle Wetterprognosen vorhergesagt hatten und  weil ich das geplante Ziel bereits nach 4 Stunden erreicht hatte, beschloss ich den Rückflug zu wagen. Nach neuneinhalb Stunden war ich dann wieder auf unserem Segelfluggelände.

Durch die PFD für den 23. Juni 2020 angefixt, sollte diesmal die ASH26e zunächst nach Nordost bis Korbach beim Edersee, dann südöstlich zum Feuerstein getragen werden und am darauffolgenden Tag den Rückflug über den Odenwald anzutreten.

Also Tags zuvor Checkliste abarbeiten mit entsprechender Flugvorbereitung, packen der Minimalausstattung, die für eine Übernachtung in der Ferne nützlich sein kann und  mit den Fliegerkameraden verabreden, die ebenfalls etwas geplant hatten.  Die Übernachtung in EDQE mit Michael Zistler abgeklärt, den ich vor etlichen Jahren beim Segelkunstflug kennengelernt hatte. Er meinte: „ Günter, das Wetter wird so gut, dass du schon wieder nicht bei uns landen wirst“…

Am nächsten Morgen dann 9:00 UTC der Start, den Wankel in 1000mNN abgestellt und zum „Schodener Sender“ gleiten, wo erste Flusen den azurblauen Himmel bemalen und darunter mit 1.4 m/s auf 1450m steigen. Eine Stunde benötige ich für die ersten 50km bis Traben-Trarbach und muss mich dort auch noch aus 400m über dem Moseltal wieder rausbasteln. Auch der kräftige Gegenwind mit 22 bis 27 kmh  trägt zu dem grottenschlechten Schnitt bei. Die gemittelten Steigwerte von 1 m/s und die niedrige Basis mit 1400 bis  1600 NN lassen am Gelingen des Vorhabens erste Zweifel aufkommen, zumal jetzt schon eine Tendenz zur Abtrocknung zu erkennen ist.

Nach zweieinhalb Stunden verlocken zarte Quellwölkchen am Rande des Westerwalds das Rheintal bei Neuwied in niedriger Höhe zu queren, aber auch hier kein besseres Steigen. Bei Dierdorf ändere ich die Flugrichtung auf Ostkurs, statt der weiteren 120 km bis zum Edersee nach Nordost, nehme ich die Abkürzung Richtung Fulda weil mir die  Zeit davon läuft. Vielleicht sollte man versuchen eine Freigabe der direkten Route zum Feuerstein durch die diversen Deltas vom Frankfurter Luftraum zu bekommen….naja, besser nicht!

Unter mir gleitet der Flugplatz Braunfels vorbei, ich erinnere mich an die 70er Jahre, als ich dort bei den „Deutschen Modellflugmeisterschaften im Segelkunstflug“ teilgenommen hatte. Weil es so langsam vorangeht, hat man auch mal Zeit für solche Betrachtungen.

Östlich Giessen, erreiche ich 13:30 UTC das Reiskirchener Dreieck. Hier habe ich wohl die Hälfte der Strecke erreicht, also umkehren ist jetzt keine Option mehr, zumal ich für den weiteren Flugweg eine leichte Rückenwindkomponente erwarte. Auf dem LX gebe ich die Wasserkuppe als nächsten Wegpunkt ein, so könnte ich doch in die Wertung des Wettfliegens zur 100 Jahr-Feier der Kuppe kommen, sollte dort der Flug zu Ende gehen. Südöstlich Fulda, hier begegnet mir auch der erste Segelflieger (liegt auf‘m Acker), ist die ASH 300m unter Gleitpfad, also nochmal einen Bart suchen, oder der Fa. Schleicher einen Besuch abstatten. Genau da schickt mir die Sonne das rettende Steigen, dass ich mit 500 Metern die Wasserkuppe überfliegen kann. Die nach Südost abfallende Rhön verbessert die Optik ungemein und nach 20 Minuten finde ich über dem Steinbruch bei Bad Neustadt den besten Bart des Tages, der den Flieger in weniger als 8 Minuten  800 Höhenmeter steigen lässt. Zugegeben, es soll auch noch bessere Steigwerte geben, aber halt nicht heute.

Das Gelände ist mir von unserem Fliegerlager in 2012 mit dem halben Aero-Club noch bestens in Erinnerung.  Entlang der Hassberge finde ich wieder nur schwaches Steigen zwischen 0,5 und 0.9 m/s, aber es hält die ASH im Rennen. Über Bamberg dann wieder 200m unter Gleitpfad für die letzten 29 km zum Ziel; an dem nach Südosten ansteigenden Gelände , wo die Sonne einstrahlt und der Wind auf die Waldkante bläst, leiste ich mir nochmal 650 Höhenmeter, um völlig entspannt zum Feuerstein zu gleiten. Der freundliche Flugleiter genehmigt mir die Landung entgegen der Startrichtung, dass ich nach dem Aufsetzen zu den abgestellten Segelflugzeugen abrollen kann.

Nach acht Flugstunden und NUR 415 Streckenkilometern, wird das fliegerische Erlebnis dadurch getoppt , dass sofort nach der Landung Fliegerkollegen aus Borkenberge hilfsbereit die ASH zum Abstellplatz schieben helfen (ohne Spornkuller nicht ganz einfach) und ich von den Fliegern aus Dinslaken-Schwarzeheide, Uli&Uli zum Abendessen eingeladen werde.  Michael Zistler besorgt mir Zelt, Schlafsack und Luftmatratze, dass ich direkt neben der ASH übernachten kann.

spontane Einladung zum Abendessen

spontane Einladung zum Abendessen bei den Fliegern aus Dinslaken, anschließend noch lange in großer Runde gefachsimpelt

 

Schlafplatz im Zelt direkt neben der „GJ“

Schlafplatz im Zelt direkt neben der „GJ“

 

Der Rückflug

Am nächsten Morgen lädt mich Michael zum Frühstück ein, die Dinslakener helfen mir mit einem Kanister aus, um sicherheitshalber den Tank der ASH aufzufüllen und 9:20 melde ich „abflugbereit auf der 08“. Nach Osten entwickeln sich über der fränkischen Alb bereits erste Cumulanten, doch mein Kurs geht in die andere Richtung, wo wieder alles blau ist. Ähnlich wie tags zuvor sind die gemittelten Steigwerte 1,1 m/s, aber dafür hab ich heute den Wind im Rücken.

Bereits nach vierzig Minuten brauch ich in 250m über einem landbaren Acker den Wankel, der wie bisher immer zuverlässig die Situation entschärf. Nur 100 Meter weiter dann 5,5m Steigen mit laufendem Motor, Triebwerk auschalten und einfahren, weil ja noch kalt! Von da geht es zügig an Giebelstadt  und Walldürn vorbei zum Odenwald, wo der beste Bart des Tages die ASH auf 1850 Meter steigen lässt. Zur Mittagszeit dann die Querung der Rheinebene über Mannheim und Bad Dürkheim zum Pfälzerwald, wo kein vertikales Lüftchen zu finden ist, obwohl der Wind genau auf die Haardtkante steht. Also Kursänderung zum Donnerberg, weiter Richtung Essweiler zu dem Steinbruch westlich davon. Die Sonne strahlt genau in die Abbruchkanten und schickt zuverlässig ihre Energie unter die Flügel der ASH.

Nördlich Ramstein-Airbase  gibt‘s von Langen keine Freigabe der EDR116, der Controler meint, dass dort scharf geschossen wird und ich besser außenrum fliege. Also über Kusel und Marpingen zum Schwarzwälder Hochwald wo ich die sichere Endanflughöhe zum Heimatflugplatz tanke.

Schießübungen in der EDR116

Schießübungen in der EDR116

 

Rückblick

Wenn auch nur über zwei Tage, so war es aber für mich ein unvergessliches Erlebnis. Ich wünsche mir, dass mit dem Bericht das Interesse in unserem Aero-Club geweckt wird, weil es sicherlich schöner ist, solche Flüge gemeinsam in einer Gruppe zu unternehmen. Ein besonderes Dankeschön an Michael Zistler und die Fliegerfreunde von Dinslaken für die Gastfreundschaft und die tolle Unterstützung.

 

Günter Hill

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